Ortswechsel. Zur Mobilität in Altösterreich 1880 bis 1914. Oder: ?Das flottante Element?
Sprache des Vortragstitels:
Deutsch
Original Tagungtitel:
Mobilität und Migration in historischer Perspektive
Sprache des Tagungstitel:
Deutsch
Original Kurzfassung:
Während der Regierungszeit Kaiser Franz Josephs (1848 - 1916) überwog in den meisten Städten der Wanderungsgewinn den Geburtenzuwachs und wurde somit zum konstituierenden Faktor des Bevölkerungszuwachses. Die Residenzmetropole Wien war die gesellschaftlich avancierteste Stadt der Monarchie, eine starke Zuwanderung wurde hier bereits früh bemerkbar und setzte sich über das ausgehende 19. Jahrhundert bis zur Neuordnung Mitteleuropas nach dem Ersten Weltkrieg fort.
Nicht alle, die kamen, blieben. Die Mobilität erreichte in der Spätgründerzeit, als die Eisenbahnlinien bereits gut ausgebaut waren, einen Höhepunkt. Die Volkszählung des Jahres 1910 erlaubte eine ziemlich exakte Berechnung der Bevölkerung nach bleibenden Migranten und zurückkehrenden, pro bleibendem Zuwanderer, kann von mindestens fünf fluktuierenden Migranten ausgegangen werden; die Daten, die zur Verfügung stehen sind rar: eins zu sieben im Zeitraum 1857 bis 1865 in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz, eins zu zehn im Zeitraum 1890 bis 1900 in der Industriestadt Steyr stellen realistische Schätzungen dar. Das Gros der hochmobilen Zu- und Abwanderer kam aus den Unterschichten. Der spätere österreichische Sozialminister Viktor Mataja hat die besonders mobilen Schichten als das ?flottante Element? der Arbeiterschaft bezeichnet. Memoiren, lebensgeschichtliche Aufzeichnungen, Briefe, Sozialreportagen, schließlich auch Narrativinterviews, die vor Jahrzehnten geführt wurden, erlauben es Lebensverhältnisse nachzuzeichnen, deren Überwindung eine Voraussetzung für die gesellschaftliche und politische Konsolidierung der österreichischen Arbeiterschaft darstellen sollte.